Entwicklung und Trends im Blumen- und Pflanzenmarkt 2014 / 2015
Der Blumen- und Pflanzenmarkt ist auf Aufholjagd, hat jedoch das Niveau von 2012 noch nicht erreicht. 2013 bleibt ein Ausnahmejahr. Milde, freundliche Witterung im gesamten Jahresverlauf 2014 sorgt für gute Rahmenbedingungen. Jedoch hemmen die politischen Krisen die Aufholjagd: Direkt durch weniger Exporte aus den Niederlanden nach Russland, indirekt da die Kauflaune im größten Konsummarkt Deutschland ab Herbst 2014 sinkt. Hier stürzten die Konjunkturerwartungen in der Septembererhebung so stark ab wie zuletzt 1980. Die Marktlage für Blumen und Pflanzen tendiert freundlicher als im Vorjahr, bleibt aber angespannt.
Politische Krisen drosseln Markterholung
Der europäische Markt für Blumen und Pflanzen erholt sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, bleibt jedoch hinter dem Niveau von 2012 zurück (Eurostat). Das belegen ebenso die Zuwachsraten des niederländischen Blumen- und Pflanzenexports für bedeutende Abnehmerländer wie Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Die Nachfrage nach Blumen und Pflanzen steigt wieder in den Staaten, die nicht so stark von der Wirtschaftskrise betroffen sind. Zusätzlich kitzeln milde Witterung und Sonnenschein die Kauflaune der Verbraucher und fördern den Nachholbedarf an Grün. In Deutschland, der Schweiz, Österreich und Schweden werden bis zum Herbst 2014 wieder mehr Blumen und Pflanzen gekauft.
Die politische Krise im Verhältnis zwischen der EU und Russland führt zu einem Wertverlust des Rubels. In der Folge gehen die russischen Blumen- und Pflanzenimporte aus den Niederlanden im ersten Halbjahr 2014 um 8,5% zurück. Dieser Rückgang kann durch den EU-Markt nicht kompensiert werden, so dass die Preise unter Druck geraten. Doch die Exportverluste dürften, sofern sich die bisherige Entwicklung fortsetzt, zu Jahresende 2014 weniger stark als erwartet ausfallen, denn der polnische Import von Blumen und Pflanzen zeigt seit 2012 deutliche Steigerungsraten. Zugleich haben sich die polnischen Schnittblumenexporte in östliche Staaten im Vergleich zum ersten Halbjahr 2012 mehr als verdreifacht; Hauptbestimmungsländer sind die Russische Föderation und Weißrussland.
Dagegen schlagen die weltweiten Krisenherde (Ukraine, naher Osten, Irak und Syrien) unmittelbar auf die Konjunkturprognosen durch und sorgen für eine Abkühlung im Konsumklima. Die OECD hat im September 2014 die Konjunkturerwartung für den gesamten EU-Raum um 0,6 Prozentpunkte gesenkt und geht nun von einem Wirtschaftswachstum von 1,1% aus. Der GfK-Konsumklimaindex sinkt im September um 0,3 auf 8,3 Punkte, da die Konsumenten zunehmend beunruhigt über die eskalierenden Konflikte sind.
2013 haben wir erfahren, dass die wirtschaftliche Entwicklung wenig Einfluss auf die Nachfrage auf dem Blumen- und Pflanzenmarkt hat. Das kommende Jahr wird zeigen, ob sich diese Erfahrung bewahrheitet.
Topfpflanzenmarkt: Entspannung lässt auf sich warten
Noch im ersten Quartal 2014 berichtete das Economisch Bureau Nederland im Topfpflanzenhandel einen wertbezogenen Anstieg von 5,3% verglichen mit dem Vorjahreszeitraum auf 552 Mio. € (ABN/ AMRO). Selbst für Valentinstag, an dem Topfpflanzen traditionell keine große Rolle spielen, meldete FloraHolland für die Nr. 1 der Topfpflanzen, die Phalaenopsis, einen Umsatzanstieg von 10% bei gleichzeitiger Mengen- und Preissteigerung (durchschnittlich +17 ct./Topf). Doch innerhalb des ersten Halbjahres schrumpfen nach Eurostat-Angaben die Topfpflanzen-Importe der EU auf 0,99 Mrd. €. Sie verringern sich um 1% verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, wobei auch die ausstehenden Nachmeldungen keine Trendwende bewirken können. Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2012 ergibt sich ein Rückgang von 8%. Rückläufige Exportzahlen weist Eurostat für fast alle nennenswerten Lieferländer aus. Im Halbjahresvergleich 2014 zu 2012 exportieren Italien und Dänemark 17%, Belgien 14% und die Niederlande 8% weniger Topfpflanzen. Ein Teil dieser Exportverringerung dürfte für den Gartenbau hausgemacht sein, wenn man beispielsweise an die Wettbewerbsstreitigkeiten zwischen dem dänischen Verband und der FloraHolland zurückdenkt. Lediglich Deutschland kann sein geringes Exportvolumen um 6% auf 102 Mio. € steigern. Überhaupt scheint sich der Topfpflanzenmarkt in Deutschland zu stabilisieren. Mit einem Importvolumen von rund 0,4 Mrd. € im ersten Halbjahr 2014 bewegt sich der Markt auf dem Niveau von 2012. Das darf nicht darüber hinweg täuschen, dass auch der Markt in Deutschland in Bewegung ist. Die Topfpflanzenimporte aus den Niederlanden und Italien steigen bezogen auf das erste Halbjahr 2012 um je 3%, insgesamt um 11,4 Mio. €; dafür nehmen sie aus Belgien und Dänemark um insgesamt 7,7 Mio. € ab.
Die politische Lage verändert die Handelswege für Schnittblumen
Die Schnittblumenimporte der EU zeigen sich im ersten Halbjahr 2014 mit einem wertbezogenen Zuwachs von 2% stabil gegenüber den beiden Vorjahren (Eurostat). Offenbar steigt die Zahl der Direktimporte aus Drittstaaten in verschiedenen EU-Ländern weiter an, denn für den gleichen Zeitraum verzeichnet ITC einen Umsatzrückgang von 2,2% des niederländischen Schnittblumenumsatzes. Bedingt durch einen Angebotszuwachs von 1,5% haben die Schnittblumenpreise in den Niederlanden durchschnittlich um 1 ct/Stiel nachgegeben. Die deutschen Schnittblumenimporte bleiben im Halbjahresvergleich gegenüber 2012 und 2013 auf stabilem Niveau, wobei Importware aus Italien zugunsten von Importen aus der Türkei und aus Polen abnimmt.
Legt man die Zahlen der niederländischen Versteigerung zugrunde, gehören in diesem Jahr besonders Paeonien, Hortensien mit zweistelligen Zuwachsraten sowie Nelken zu den aufsteigenden Stars in der Verbrauchergunst.
Politische Krisen, hier allen voran der Nahe Osten, hinterlassen dennoch ihre Spuren auf dem europäischen Schnittblumenmarkt. Importe aus Israel geben in den ersten sechs Monaten um 14% nach und belaufen sich auf rund 30 Mio. €. Bei stabilen Importen aus Äthiopien wird der israelische Exportausfall vorrangig durch Ware aus Ecuador und Kenia kompensiert. Der EU-Import aus diesen Ländern legt um knapp 37% bzw. 9% zu (Eurostat).
Wenig beeinträchtigt von den politischen Entwicklungen zeigt sich dagegen die Nachfrageseite. Zwar geben die ukrainischen Importe aus den Niederlanden um 5% im ersten Halbjahr 2014 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum nach, sie liegen damit aber immer noch 20% über dem vergleichbaren Wert für 2012. Exporte von den Niederlanden nach Russland haben sich zwar verringert, doch der Handel wird zumindest für einen Teil über den polnischen Markt kompensiert. Polnische Importe aus den Niederlanden steigen verglichen mit dem ersten Halbjahr 2013 um 40% an. Im gleichen Zeitraum steigen die polnischen Schnittblumenexporte nach Russland um 39%, das ist mehr als eine Verdreifachung bezogen auf das erste Halbjahr 2012. Inwiefern Handelsanbahnungen Russlands mit Afrika, wie sie zur Jahresmitte angekündigt wurden, erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten.
Es lohnt sich, den polnischen Schnittblumenmarkt zukünftig genauer zu betrachten und dies nicht nur, weil die Wohlstandsentwicklung in Polen seit Jahren spürbar wächst und somit mehr frei verfügbares Einkommen für spontane Einkäufe wie Blumen, zur Verfügung steht. Viel mehr gewinnt Polen, wenn auch auf geringem Niveau verglichen mit führenden EU-Staaten im Schnittblumenhandel, als Handelsstandort an Bedeutung. Neben den Exporten nach Russland haben sich ebenso die Exporte in wesentliche östliche Bestimmungsländer zugenommen und erreichen inklusive Russland ein Volumen von ca. 3 Mio. €. Ebenso wächst der Export nach Deutschland von 2,5 Mio. € im ersten Halbjahr 2012 auf 4,6 Mio. € für den Vergleichszeitraum 2014 (Eurostat). Inwieweit niederländische Händler über polnische Niederlassungen beteiligt sind, ist nicht bekannt.
Die Nachfrage in Deutschland: Freundlich mit bekannten Schwächen
Wetter hervorragend, Konsumlaune zumindest bis in den Herbst 2014 hinein gut, damit stehen die Zeichen auf einer anziehenden Nachfrage für Blumen und Pflanzen im wichtigen Konsummarkt Deutschland. Zuwachs wird insbesondere für Topfpflanzen erwartet, weil hier durch die schlechte Witterung des Vorjahres der größte Nachholbedarf besteht. Doch auch die Schnittblumen, die üblicher Weise etwas mehr als ein Drittel der Pro-Kopf-Ausgaben für Blumen und Pflanzen ausmachen, sollten leicht zulegen. Zahlen der AMI und des GfK-Pflanzenpanels liegen aktuell noch nicht vor, doch es gibt ein paar positiv stimmende Anzeichen:
Die Händler zeigten sich mit der Nachfrage nach Schnittblumen zu den wichtigen Verkaufsterminen Valentinstag und Muttertag recht zufrieden (CO CONCEPT, BGI). Bei geringfügig gestiegenen Angebotsmengen stagnierten die Preise zu beiden Tagen auf Großhandelsebene. Valentinstag fiel 2014 auf einen verkaufsstarken Freitag, Überschneidungen mit Karneval blieben aus, und das freundliche Wetter machte Lust auf Blumen. Zum Muttertag sind Blumen, insbesondere im Strauß, nach wie vor das beliebteste Geschenk. 71% der Bundesbürger entscheiden sich dafür und geben für den Muttertagsstrauß durchschnittlich rund 14 € aus. Gekauft wird zu 75% im stationären Handel, 25% der Käufer bestellen Sträuße online (Deals.com).
Deutsche Schnittblumenimporte bleiben stabil; zugleich wächst seit 2011 die Freilandproduktion in Deutschland (AMI). Wenn auch der Einkaufstrend „regional“ für Schnittblumen in Expertenkreisen immer noch diskutiert wird, so vermehren sich die Anzeichen für eine Herkunftspräferenz der Verbraucher.
Auf dem deutschen Topfpflanzenmarkt spricht alles dafür, dass das Jahresniveau von 2012 erreicht werden wird. Mit Blick auf die Absatzwege, in denen der Facheinzelhandel seit Jahren den Systemhandel geringfügig überwiegt, schlägt die gute Wetterlage dem Fachhandel 2014 ein Schnippchen. Experten sprechen davon, dass die Strategie im Kettengeschäft, regelmäßig große Pflanzenaktionen vor der eigentlichen Saison zu fahren, diesmal aufgegangen zu sein scheint. Gutes Wetter ließ die Endverbraucher spontan zugreifen und diente nicht wie sonst der Einstimmung auf die kommende Saison im Fachhandel. Angesichts anhaltend milder Temperaturen büßte der Fachhandel auch etwaige Nachkäufe ein.
Gekauft werden bei den Topfpflanzen mit überwiegender Mehrheit Blütenpflanzen, vorrangig „Outdoorware“, die teilweise auch als Dekoration in den Räumen Verwendung findet. Grünpflanzen stagnieren bei einem Marktanteil von 11% aller Topfpflanzen. Vermehrtes Interesse finden deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher an fertigen Pflanzkombinationen, die sowohl in den Niederländischen Handelsstatistiken einen deutlichen Zuwachs aufweisen als auch in den AMI-Berichten Erwähnung finden. Pessimistisch betrachtet könnte das auf ein abnehmendes Wissen um und Interesse an Pflanzen hindeuten, optimistisch bieten Pflanzkombinationen zumindest einen Spielraum für eine größere Wertschöpfung.
Zwei große Knackpunkte bleiben dem Markt jedoch erhalten: erstens erfordert die Ansprache junger Konsumenten mehr Engagement und zweitens ist ein reales Marktwachstum bisher noch nicht realisiert. Beides ist im Sinne der ökonomischen Nachhaltigkeit dringend erforderlich.
<br/>Dem realen Marktwachstum stehen die strukturellen Probleme entgegen, mit denen die Branche zu kämpfen hat: einer stagnierenden Nachfrage stehen Produktionsausweitungen, ein niedriges Preisniveau und die fehlende strategische Ausrichtung auf die unterschiedlichen Absatzwege gegenüber.
Fazit
2014 macht deutlich: Wetter gut heißt nur: fast alles gut. Die Nachfrage nach Blumen und Pflanzen kann durch das freundliche Wetter angeregt werden; die Märkte bewegen sich wieder auf das Niveau von 2012 zu, so dass 2013 tatsächlich ein Ausnahmejahr war. Ganz allgemein gilt, dass sich Handel und Wirtschaftswachstum am besten unter verlässlichen, beständigen Rahmenbedingungen mit Blick auf Rechtssicherheit, Handelsabkommen, Wohlstandsentwicklung und politischer Stabilität entfalten. Der Pflanzen- und mehr noch der Schnittblumenmarkt sind globale Märkte, daher bleiben sie von den verschiedenen Krisenregionen in der Welt nicht unberührt. Handelswege ändern sich in Krisensituationen auf Bezugs- und Absatzseite, so dass der Gesamtmarkt nicht automatisch schrumpft. Politische Konflikte hemmen jedoch das Wachstumstempo erheblich – und sie schlagen deutlich auf die Stimmung und die Ausgabenbereitschaft der Verbraucher durch.
Wie kann die Branche reagieren? Zum einen ist das, was sie bereits tut, neue Wege einzuschlagen, um die vorhandene Nachfrage bedienen zu können, sicher richtig und wichtig. Zum anderen ist es in diesen Zeiten auch weiterhin nötig, an bekannten Zielsetzungen zu arbeiten. Die Forderung der Verbraucher nach mehr Nachhaltigkeit findet beispielsweise ihren Widerhall in der EU-Politik, die die nachhaltige Ausrichtung der Produktionsunternehmen finanziell fördert. Die Unternehmen der Branche beschäftigen sich mit diesen Fragen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund aufkommender Diskussionen um Bienensterben, Neonikotinoide und klimaschädliche Emissionen. Noch werden diese Themen in den Medien aufgrund der zahlreichen Krisen nicht ausgespielt, so dass in der Zwischenzeit sinnvolle Antworten gefunden werden können.
Zusammenfassend heißt das: Es ist notwendig, sich die aktuelle Marktsituation bewusst zu machen. Falls das Wetter jedoch rauer wird, gibt es besseres zu tun als sich darüber zu beklagen – und die Handlungsfelder sind bekannt.
Quellen: Eurostat, AMI, BGI, GfK, ITC, OECD, ABN, AMRO, Buziness Africa, sowie Expertenbefragungen
Autor: Dr. Marianne Altmann, CO CONCEPT